일상생활에 대한 블록

also irgendwie und sozusagen


Echolot (1.2. bis 15.2.43)

Ich bin gerade zu Hause und kann vorerst nur lesen. Ich versuche weiterhin, meine übervolle Bibliothek, von der ich immer mehr merke, dass sie mit Büchern anderer vollgestopft ist und kaum mehr dem entspricht, was ich eigentlich einmal zusammentragen wollte, abzulesen und so zu entscheiden, welche Bücher ich zunächst behalten oder weitergeben möchte. S meinte dabei oft 기부하다 und das trifft es am Besten: spenden, es ist mit Sicherheit sinnvoller als den sinnlosen Versuch zu starten, Bücher zu verkaufen. Seien wir ehrlich: Bücher mag keiner mehr, liest keiner mehr, um Nina Hagen zu zitieren „Literatur, da wird mir übel“ (oder in der Form eines Kollegen: „Romane erachte ich für Zeitverschwendung“ – der damit für mich auf ewig abseits der Arbeit verschissen hat).

Nachdem ich den letzten Kriegsband Klemperertagebücher (auch gefunden, hebe ich aber noch auf, evtl. muss ich für kommende Semester mal darauf zurückgreifen) geschafft hatte (vor Jahren hatte ich von 1940 bis 1945 gelesen, mit dem Fund dann von 1933 an, 1939 war das letzte Jahr, etwas wirr: aber die Grundlinie ist bei Klemperer klar, viel Klagen – man kann es auch verstehen und sieht es als Warnung für kommende Tage, denn: so schlimm wirds uns ja nicht treffen, so ab Herbst, wir sind ja nicht X oder Y, wir sind neutral etc. blabla, genauso wird es wieder kommen. Wo es zu klauen und zu mausen gibt, wird man sich bedienen, egal auf welcher Grundlage, fadenscheinig als Wort kennen die gar nicht.), nachdem ich also den Klemperer abgeschlossen hatte, bin ich zu einem recht großen Teilband Kempowski gekommen, von dem ich leider Gottes nur Bd. 2 und 3 habe, damals vermutlich noch für einen oder zwei Euro und schon darüber habe ich mich gefreut.

Vor Jahren hatte ich Bd. 2 gelesen, jetzt also die interessante Zeit, in der Stalingrad fällt, in kurzer Zeit danach dann auch Kursk, Rostow etc. Ein Gemisch aus wirklich allem, vom Haushaltsbuch irgendwelcher einfachen Hausfrauen bis hin zu Notizen von Goebbels, von Willi Graf bis Heinrich Himmler. Und es ist so aktuell. Nicht nur der ukrainischen (ukra-i:nischen nicht aber ukray:nischen) Namen wegen, nicht nur der „Bedrohung“ durch den damaligen moskauer Machthaber mit -in im Namen wegen, sondern generell. Wie die Menschen eingeschätzt werden, wie die Menschen in ihren Gedanken kreisen, wie die Menschen fehleinschätzen, nachplappern (die von sich überzeugten sowieso) und so weiter. Die sinnlose Furcht, die sinnlose Hoffnung und vor allem: auf welche Leute die Deutschen da hereingefallen waren, was für einfache aber hintertriebene Leute, da geht es nur um Geld, nur um den Vorteil (besonders irre ist der Zwischentext mit der Beschreibung von Karinhall) und dieser Zwang mitzumachen.

Ich bin immer davon ausgegangen, dass man sich auch entziehen konnte: nichts da, total, allesverschlingend, jeder macht mit – und am Ende zahlt man drauf, für eine unmoralische, dumme, verlogene, miese Geschichte.

Das erinnert mich an ein YT-Fundstück: „Das Ding“, ein Fernsehfilm über einen Bankraub, Anfang der 80er gedreht: wo wirklich zu keinem Zeitpunkt irgendwas wie Mitgefühl zu den Tätern aufkommen will: nur einfach grobe dumme Typen, die irgendwas für ihren Vorteil machen, nur dieses sinnlose Geld im Kopf – und trotzdem machen alle mit.



3 Antworten zu „Echolot (1.2. bis 15.2.43)”.

  1. Seit Jahren befasse ich mich immer wieder damit, Bücher loszuwerden. Anlässlich eines Umzugs vor langer Zeit hab ich mal 80 cm Regal sortiert behalten, den großen Rest zum Mitnehmen stehen lassen. Es war eine WG, ich bin dann einfach gegangen.

    Aus den 80 cm wurden aber bald wieder mehr, doch kürzlich hab ich wieder sortiert „auf 80 cm“. Aber nicht mal Spenden ist einfach, wollte auf nebenan.de die Besten loswerden, aber nur zwei Bücher (von 50) gingen tatsächlich weg.

    Schade eigentlich, dieses Vergehen der Bücherkultur! Zwar werden immer noch viele geschrieben, aber gekauft werden sie offenbar nur noch als Geschenk.

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  2. Ich denke, die Bücherkultur ist noch nicht zuende. Unlängst auch etwas dazu gelesen.

    ICH selbst lese wenig, weil ANDERES die meiste Zeit nimmt. Es gibt sie aber noch, die Leseratten.

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  3. Vielen Dank für eure Kommentare. Ich muss da halt durch, Bücher entsorgen, behalten, es ist und bleibt manchmal eine unmögliche, vor allem aber stets undankbare Aufgabe. Das Andere, das mehr Zeit einnimmt: ich muss und will auch da eine eigene Lösung finden, das ständige Monitoranschauen kann es nicht sein, ist es nicht.

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